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01.09.2018 / Integration am Herd - Projekt "Ich.Du.Wir.Kochen" mit vierzehn Geflüchteten

Frauen lernen mit Spaß deutsche Esskultur in vier Workshops kennen

Emsig geht es in der Küche der Christlichen Gemeinschaft Ellmendingen zu. Es wird geschnippelt, gequirlt, gerollt und gespült. Vierzehn Frauen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak sind dabei, einen großen Topf Kartoffelsuppe, Dampfnudeln und Gemüsekuchen aus Quarkölteig zuzubereiten. Alles fremd ist ihnen nicht: „Das ist wie bei uns“, sagt die Irakerin Sheida Gholami, die seit zwei Jahren in Deutschland lebt. Bei ihnen käme allerdings noch Reis in die Suppe und hierzulande werde diese passiert. Über solche kulturellen Unterschiede und den Einsatz deutscher Nahrungsmittel können sich die Geflüchteten austauschen - bei dem Projekt "Ich.Du.Wir.Kochen", einem Angebot des Enzkreises in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg. Es beinhaltet vier dreistündige Workshops in zwei Wochen, die von Fachfrauen und Ehrenamtlichen betreut werden und an denen maximal 16 Geflüchtete teilnehmen können. "Wichtig ist, sie in Kontakt mit der deutschen Küche zu bringen und ihnen Techniken zu vermitteln", sagt Jürgen Krepp, Leiter des Landwirtschaftsamtes.

 

  

Start war im April in Ispringen, wo auch Männer teilgenommen hatten. Sechs Kommunen, verteilt im Enzkreis, sollen in den Genuss des kostenfreien Angebots kommen, nach den Sommerferien könnte es in Mühlacker weitergehen, so Isabel Hansen von der Stabstelle Integration beim Landratsamt. Man könne sich aber auch beim Landwirtschaftsamt bewerben. "Das ist Integration mit Spaß und ohne erhobenen Zeigefinger", sagt Hansen. Das kann Anette Finzel bestätigen: "Wir kochen auf Augenhöhe, niemand lässt sich bekochen", erzählt die ausgebildete Hauswirtschafterin, "BeKi"-Referentin und Familienhelferin. Mit Mira Neuss hat sie das Projekt entwickelt, leitet es in Keltern mit Sybille Gengenbach an. Anhand von niederschwelligen, gesunden Grundrezepten aus Mehl, Eiern oder Milch sollen die Flüchtlinge an hiesige Nahrungsmittel herangeführt werden und erfahren, wo sie diese in der Region kaufen können. Nebenbei werden Hygiene, Benutzung von Küchengeräten oder Wertvorstellungen vermittelt - auch Witziges wie der Neckname "Spätzle" beim Kochen von Käsespätzle. Was auf den Tisch kommt, sei nicht bestimmt: "Wenn Käsekuchen gewünscht wird, dann machen wir das", so Finzel, die ein internationales Buffet am letzten Tag durchführt. Schwierig gestaltet sich die Suche nach großen Küchen mit Gemeinschaftsraum zum Essen. In Keltern kein Problem: "Das ist selbstverständlich, sich zu unterstützen", sagt Martin Lutzweiler, Pastor der Christlichen Gemeinschaft Ellmendingen.

 

  

Hier wurde sogar ein Hol- und Bring-Service sowie eine Kinderbetreuung organisiert. "Die Frauen mit zwei bis sieben Kindern genießen es, auch mal allein zu sein", freut sich Stefan Schröck, Integrationsbeauftragter der Gemeinde. In Keltern werde aktive Flüchtlingsarbeit betrieben und von mehreren Seiten unterstützt. Es gebe ein Netzwerk an haupt- und ehrenamtlichen Helfern, die sich regelmäßig treffen. Allein im Arbeitskreis Flüchtlinge seien über 100 Mitglieder. Im Deutschkurs hat Schröck das Projekt vorgestellt. "Es gab viel Interesse", sagt er. Die Verständigung klappe gut, einige 14- bis 18-Jährige sprechen gut Deutsch, zudem gebe es eine Frau, die dolmetscht.

Wer Interesse an dem Projekt hat, meldet sich beim Landwirtschaftsamt unter Telefon: 07231 / 30 81 80 0 oder per Email an landwirtschaftsamt (at) enzkreis.de.

Text und Fotos: Anita Molnar